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Ein befreundeter Bauunternehmer, ebenfalls Fabian, hat einen großen Hilfskonvoi für die Flüchtigen aus der Ukraine organisiert. Ich möchte hier über seine Erfahrungen berichten, die er in den letzten Tagen gemacht hat.
Nachdem wir in der Schule am Donnerstag den spontan organisierten 7,5t – LKW beladen haben (Danke nochmal an alle Spenden und Helfer*innen), ging es für den Hilfskonvoi am Freitagvormittag in Richtung Krakau. Aus ursprünglich 2 VW-Bullis sind kurzerhand mehrere Vans und zwei LKWs geworden. Insgesamt wurden 20 Tonnen an Material, Nahrung, Desinfektionsmittel und Medikamente transportiert.
Die erste Nacht verbrachten die Fahrer*innen in Breslau in einem kleinen Hotel. Dort war auch der erste Kontakt mit Flüchtenden. Sie haben sich mit einer Familie unterhalten, welche noch nicht wusste, wohin sie weiter fliehen soll. Vom angebotenen Essen wurde lediglich ein bisschen Brot und Milch genommen. Selbst Schokolade oder andere Konserven wurden ausgeschlagen. „Andere brauchen auch noch etwas“. Obwohl die Familie seit mehreren Tagen auf der Flucht war, sie sehr müde und vor allem auch hungrig war, zeigt diese Aussage, wie die Ukrainer zusammenstehen. Am Abend wurde in der Runde besprochen, ob nicht auch Flüchtige mit nach Deutschland genommen werden sollten. Man entschied sich, bei gegebener Möglichkeit dies zu tun.
Am nächsten Morgen ging es weiter die restlichen knapp 300 Kilometer nach Krakau. Das Ziel des Konvois war eine Koordinations- und Sammelstelle für Hilfsgüter, wie dieser Trupp sie dabei hatte. Vor Ort wurde alles ausgeladen, sowie ein 40t – LKW bereits wieder beladen, welcher weiter in die Ukraine gefahren ist. In Fabians Gruppe gibt es eine Frau, welche sowohl polnisch als auch ukrainisch spricht. Im Zentrum von Krakau, wo sich viele Flüchtlinge aufgehalten haben, hat sie versucht jemanden zu finden, der mit Ihnen nach Deutschland kommt. Auf dem Rückweg hat die Gruppe 8 Sitzplätze mehr zur Verfügung, da diese nicht mehr mit Kisten belegt sind. Hier ereignete sich dann aber eine sehr verstörende Situation. Anders als erwartet, waren die Frauen und Kinder nicht direkt über das Angebot erfreut. Es musste zuvor viel Vertrauensarbeit geleistet werden. Das wirklich krasse und unglaubliche:

Genau an diese Stationen, wo sich Flüchtende sammeln, sind auch viele Menschenhändler unter den vermeintlich Helfenden. Eine der acht Personen ist wohl nur knapp einer Verschleppung entgangen und war bereits in den Fängen der Menschenhändler. Obwohl sie diese schreckliche Situation erlebt hat, musste sie um ihrer Kinder Willen, um ihre Kinder zu schützen, sich noch einmal dafür entscheiden, in ein Auto mit fremden Menschen zu steigen. Wie manche Leute aus dem Leid andere Personen schamlos Profit herausschlagen wollen ist nicht mit Worten zu beschreiben. Dass hier mehrere Stunden Überzeugungsarbeit geleistet werden muss ist nunmehr verständlich. Im Endeffekt haben die Familien Fabians Leuten vertraut und sind mitgefahren. Mit lediglich einem Rucksack pro Person ging es auf den Weg Richtung Deutschland. Mehr Besitztümer haben die Menschen vor Ort aktuell nicht mehr. Dass man sich kaum vorstellen kann, was es für die Leute bedeutet, wenn einer dieser Rucksäcke zeitweise vermisst wird (er war dann doch in einem anderen der Wagen), zeigt erneut, wie viel diese Menschen verloren haben.
Auf dem Heimweg wurde im gleichen Hotel Stopp gemacht, wie auf der Hinfahrt. Die Familien waren noch müder und noch hungriger als jene, welche sie am Vorabend noch hier angetroffen haben. So entschloss sich die Gruppe, die Nacht nicht weiterzufahren, sondern den Familien eine Pause, ein Bett, Dusche und vor allem etwas Ruhe zu verschaffen. Mit den ständigen Gedanken um ihre Männer und Väter, ihre Heimat, Häuser und Besitztümern ist dies aber nicht einfach. Am Morgen danach erfolgte beim Frühstück die nächste bemerkenswerte Situation: Es gab unter anderem Wackelpudding. Eines der Kinder freute sich so darüber, dass dieser im Glas bleibt, wenn man es umdreht und hat damit ihre Mutter veräppelt, sodass beide lachen mussten. Das war das erste Mal, dass die Mutter lachend gesehen wurde. Ein sehr schönes Bild, das unschuldige Kind lachen zu sehen gemeinsam mit der schwer gebeutelten Mutter.
Der Konvoi erreichte in der Nacht zu Montag gegen 0:30 Uhr, Wuppertal, Mettmann und Velbert. Hier wurde die Familien untergebracht und hoffentlich können Sie hier zur Ruhe kommen und sich sicher fühlen. Dennoch bleibt die Sorge um Ihre Heimat allgegenwärtig.
Fabian hat heute die Geschehnisse in bemerkenswerter und rührender Art einem Teil des Kollegiums im Lehrerzimmer berichtet. Es war ganz still, besonders wenn er aufgrund der beeindruckenden Erlebnisse um Worte rang und mit den Tränen kämpfte. Dies ging bei einigen Kollegen*innen und mir nicht spurlos vorbei. Da kam mir auch die Idee, dass diese Erfahrungen noch multipliziert werden müssen. Auch wenn diese geschriebenen Geschehnisse nicht das aussagen können, was heute im Lehrerzimmer gesagt wurde, ist es immerhin ein kleiner Schritt.
Fabian hat beschlossen, nicht noch einmal zu fahren. Nicht weil die 40 Stunden im Auto an einem Wochenende zu stressig wären – klar fehlt da die Zeit mit der Familie und Arbeit bleibt auch liegen. Vielmehr kann er hier vor Ort besser helfen. Durch seine vielen Kontakte zu Großkunden, etc. hat er bereits angefangen hier vor Ort ein Flüchtlingsnetzwerk aufzubauen. Dies soll insbesondere bei der Vermittlung helfen und vor Ort bei Gesprächen mit Flüchtigen schneller zu Vertrauen führen.
Mit Absprache mit Fabian soll ich über diesen Weg noch einmal ein ganz großes Dankeschön an alle ausrichten, die bei der Aktion geholfen haben. Danke an alle, die gespendet haben Danke an alle die beim Sortieren und Packen geholfen haben, Danke an alle die bereit sind jemanden aufzunehmen oder die es schon getan haben (Danke Frau Mourinho, danke Familie Pool!).
Auf diesem Weg dankt das ganze GSG auch dir, Fabian, und deiner Gruppe für deine bemerkenswerte und unerschrockene Hilfe. Dass ihr nicht gezögert habt etwas zu unternehmen, zeichnet euch menschlich auf eine besondere Art und Weise aus.
Auf unserer Schulhomepage findet sich noch der Aufruf weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Die Integrationshilfe Langenberg e.V. (IHLA) ist durch die jahrelange Freundschaft mit dem GSG an uns getreten und erbittet diese Hilfe. Am 2. März ist ein Reisebus an der ukrainisch-polnischen Grenze eingetroffen, welcher bereits wieder in Velbert ist und auf der Suche nach privaten Unterkünften. Geldspenden werden ebenfalls benötigt.

Alle weiteren Informationen dazu hier: https://www.gsgvelbert.de/hilfe-fuer-die-ukraine/


Fabian Weißler